10. April 2010
Orden bittet um Verzeihung
Wenige Tage nach dieser schriftlichen Auskunft bittet die Provinzoberin auf der Internetseite des Ordens ehemalige Heimkinder um Verzeihung: «An unsere früheren Heimkinder: Sollten Sie in den von uns geführten Heimen menschenunwürdige Behandlung erfahren haben, so bitten wir um Vergebung und Entschuldigung. Es tut uns zutiefst leid ...»
Aachener Zeitung, 9. April 2010
1. April 2010
Sexueller Missbrauch?
Die Kirchengemeinde St. Peter und Paul hat das Bistum Aachen über Vorwürfe sexuellen Missbrauchs durch einen nicht namentlich genannten Priester informiert.
Aachener Zeitung, 30. März 2010
4. Juli 2009
Die Kraft des Guten
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Podiumsdiskussion zu der Prof. Dr. Loffing vier Kooperationspartner aus seinen Forschungsprojekten eingeladen hatte. Unter der Moderation von Martin von Berswordt-Wallrabe (CareEffects) diskutierten Verena Hölken (Vorstandsmitglied Bundesverband Kinderhospiz e.V.), Melanie van Dijk (Pädagogische Leitung Kinderhospiz Regenbogenland e.V.), Iris Christiansen (Geschäftsführerin DAN Produkte Pflegedokumentation GmbH) und Guido Royé (Einrichtungsleiter Schloss Dilborn - Die Jugendhilfe) aus ihrer fachpraktischen Sicht heraus. Sie schilderten wie sie den Stand von Forschung und Praxis in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern einschätzen und welchen Stellenwert sie der Zusammenarbeit mit der Wissenschaft im Allgemeinen und mit Prof. Dr. Loffing vom Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrein im Speziellen beimessen.
Hochschule Niederrhein
6. April 2009
Dernbacher Schwestern applaudieren
Nicht nur die ehemaligen Eigentümer des Schlosses, die Schwestern des Konvents der Armen Dienstmägde Jesu Christi – besser bekannt als Dernbacher Schwestern – auch der Leiter der Jugendhilfe Guido Royé applaudierte dazu.
Grenzland-Nachrichten
14. Januar 2009
Immer wieder einmal in negativen Schlagzeilen
Schloss Dilborn
12. Oktober 2008
Qualen in einem Kinderheim
Hier lesen
27. August 2008
Unerbetener Besuch
Unerbetenen Besuch erwarten die Schwestern des Ordens der „Armen Dienstmägde Jesu Christi“ wieder am Samstag, 30. August, 11 Uhr, vor den Toren ihres Mutterhauses in Dernbach bei Montabaur: Denn wie schon zweimal in diesem Jahr hat ein Heimkinderverband für diesen Tag eine Demonstration dort angekündigt, um gegen Verbrechen zu protestieren, die die Ordensschwestern in den verschiedenen Kinderheimen des Ordens in den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts den dort untergebrachten Kindern angetan haben soll.
Kölner Stadtanzeiger
10. August 2008
Immer noch im Netz: Video über Schloss Dilborn
20. Mai 2008
Eigenes Grab geschaufelt
Die meisten Kinder im katholischen Heim St. Josef im rheinischen Eschweiler schlafen schon, als die neunjährige Carola von Schwester Theofriedis aus dem Bett geholt und in den Garten geführt wird. Dort bekommt das vor Angst und Kälte zitternde Mädchen eine Schaufel in die Hand gedrückt. "Du gräbst jetzt dein Grab", befiehlt ihr die Schwester. Carola schluchzt, bettelt, will zurück ins Haus. Doch alles Flehen ist vergebens, die Neunjährige muss weitergraben. Solange bis die Schwester glaubt, die Erziehungsmaßnahme reiche nun aus.
ZDF-Dokumentation, "In den Fängen der Fürsorge", 4. Juni 2008, 0.30Uhr
Weitere Informationen
12. April 2008
Schloss Dilborn reif für die "Insel"?
Es geht in die nächste Runde: Wird die Freizeiteinrichtung „Insel“ an Schloss Dilborn übertragen? Viersens Jugendamtschef Volker Lamerz ist überzeugt: „Es wäre die beste Lösung.“ Doch die Politik entscheidet.
Es war eine peinliche Schlappe für Schloss Dilborn – die Jugendhilfe: Die Übertragung der Viersener Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung „Insel“ an den freien Träger aus Brüggen ist in der vergangenen Sitzung des Jugendhilfeausschusses gescheitert.
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6. April 2008
Weitere Demos genehmigt
Dernbach (tj). Der Bürgermeister hat weitere Demonstrationen gegen den Orden “Arme Dienstmägde Jesu Christi” (“Dernbacher Schwestern”) genehmigt - die Termine: 7. Juni, 12. Juli und 30. August, Beginn ist immer um 11 Uhr.
31. März 2008
Heimleiter hebelt Gerichtsbeschluss aus
„Wir müssen was bewegen, sonst bewegt sich nichts“, singen die Söhne Mannheims und mit dieser Liedzeile beginnt die bislang schönste Folge der Artikelserie über Jessica Müller, die seit vier Jahren in einem Kinderheim lebt.
„Kommt gar nicht in Frage“, hat das Familiengericht Mönchengladbach-Rheydt am 30. Januar 2008 auf Antrag der Vormünderin noch entschieden, als es darum ging, das „Besuchsrecht zu erweitern“, denn bis dahin durften die Eltern ihre Tochter nur einmal im Monat besuchen und einmal im Monat mit ihr telefonieren.
Gestern war es endlich wieder so weit. Sabine und Frank Müller hatten Jessica am Apparat, als der Heimleiter einen Vorschlag machte, der die Eltern nach eigenen Angaben „vollkommen sprachlos“ machte: „Besuchen Sie Jessica doch am nächsten Samstag.“ Dazu Frank Müller: „Seit dem Sorgerechtsentzug ist es noch nie vorgekommen, dass wir Jessica nach drei Wochen wieder sehen dürfen. Bisher wurde das oft in die Länge gezogen, so dass wir unsere Tochter alle vier, fünf oder sechs Wochen gesehen haben.“
Jessica hatte noch einen weiteren Wunsch, denn am 21. Mai 2008 ist ihr 11. Geburtstag. Also fragte sie den Heimleiter, ob ihre Eltern an ihrem Geburtstag dabei sein dürfen. Seine Antwort: „Das ist ziemlich schlecht, denn dann feierst du mit der Gruppe.“ Doch dann machte er sofort einen Gegenvorschlag: „Wie wäre es mit dem 22. Mai 2008, dann ist doch Fronleichnam. Ist das in Ordnung?“
Das war für die Eltern der Zehnjährigen sehr in Ordnung, doch damit endeten die Überraschungen noch nicht, denn der Heimleiter stellte fest, dass vom nächsten Besuch am 5. April 2008 bis zum 22. Mai 2008fast sieben Wochen vergehen würden. Also lautete sein Beschluss: „Wir machen für Mai noch einen weiteren Besuchstermin aus.“
Damit ist ein Mosaikstein des Beschlusses der Amtsrichterin Oles vom Tisch und aus diesen Sätzen auf Seite 3 wurden eine Behauptung, die erst für Sabine und Frank Müller nicht nachvollziehbar gewesen ist - und jetzt auch nicht mehr für den Heimleiter: „Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Ausweitung der Umgangskontakte zu Jessica gemäß § 1684 BGB. Den Umfang der Umgangskontakte bestimmt die Vormünderin. Diese hat glaubhaft geschildert, dass bei einer Ausweitung der Umgangskontakte der Antragsteller zu Jessica das Kindeswohl gefährdet ist.“
Es wird noch spannender: Jugendamt und Vormünderin sollen bis zum 18. April 2008 gegenüber dem Düsseldorfer Landgericht ihre Entscheidung vom 30. Januar 2008 begründen. Sie werden dem Gericht mitteilen müssen, dass ein Punkt dieses Beschlusses schon nicht mehr gilt...- und zwar zum Wohle Jessicas!
17. März 2008
Bundesfamilienministerin will keine weiteren Infos?
Wer ein Menschenleben rettet, rettet damit die ganze Welt.
Talmud
„Kinder und Jugendliche sind eigenständige Persönlichkeiten mit vielfältigen Fähigkeiten. Sie haben eigene Rechte und sind in vielerlei Hinsicht Expertinnen und Experten in eigener Sache. Ihre Persönlichkeitsentwicklung zu stärken und die individuelle Förderung sind Ziel aller kinder- und jugendpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung. Im Mittelpunkt stehen dabei die unterschiedlichen Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen und ihre individuellen Bedürfnisse“, steht seit fast einem Jahr auf den Internet-Seiten des Bundesfamilienministeriums, das von Ursula von der Leyen geleitet wird.
Von der 49-Jährigen habe ich am 21. Februar 2008 einen Brief bekommen, die Ministerin schrieb: „Ihr Engagement für Jessica Müller nötigt mir Respekt ab.“ (Readers Edition berichtete) Weitere Informationen aber sind nicht erwünscht? Fest steht: Heute bekam ich zwei Briefe mit dem Vermerk „Annahme verweigert“ zurück. Dazu später mehr.
Ursula von der Leyen ist in Burgdorf bei Hannover aufgewachsen, in Lehrte bei Hannover ging sie zur Schule. In beiden Kleinstädten war ich insgesamt fast 15 Jahre Lokalredakteur. Als die heutige Bundesministerin 2002 den Sprung in den niedersächsischen Landtag schaffen wollte, bekam ich zweimal Redaktionsbesuch von ihr. Bei diesen Gelegenheiten erklärte sie mir, wie wichtig ihr die örtliche Presse sei. Später besuchte ich mehrere ihrer Wahlkampfveranstaltungen, ihre Referate zur Gesundheitspolitik hatten ein hohes Niveau.
Wahlerfolg keine Sensation
Da Ursula von der Leyen in ihrer Heimatstadt kandidierte, da sie in einer zweiten Kleinstadt kommunalpolitisch aktiv war, da sich ihr Vater als ehemaliger niedersächsischer Ministerpräsident in Burgdorf einer gewissen Beliebtheit erfreut, war ihr Wahlsieg gegen den SPD-Landtagsabgeordneten keine größere Sensation - und die politischen Dinge nahmen ihren Lauf, denn nicht nur Ministerpräsident Christian Wulff war der Meinung, dass er sich eine Expertin ins Kabinett geholt hatte, und schon verging nicht mehr viel Zeit bis zum Wechsel in die Bundespolitik.
Was sie dort tut, ist nicht unumstritten, aber dass Kinder Rechte haben, wird wohl niemand bestreiten. Will man aber für Kinder streiten, muss man auch wissen, ob und wann ihre Rechte verletzt werden. Das gilt auch für Jessica Müller aus Mönchengladbach, die seit vier Jahren in einem Heim lebt.
Briefe und Broschüre
Deshalb wollte ich Ursula von der Leyen mit weiteren Informationen versorgen und schrieb ihr am 25. Februar 2008 einen Brief an ihre Privatadresse. Mit einem zweiten Schreiben schickte ich ihr am 3. März 2008 meine Broschüre „Papa, böse Kinder kommen in böse Kliniken“, in der es nicht nur um das Schicksal von Jessica Müller geht, sondern auch um den Kampf ehemaliger Heimkinder um ihre Rechte, mit dem sich zurzeit der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages beschäftigt.
Da ich heute beide Sendungen zurück bekommen habe, liegt die Vermutung nahe, dass meine Post der Bundesministerin zugestellt worden ist, als sie in Burgdorf in ihrem Elternhaus war, das inzwischen zu einem Mehrgenerationenhaus geworden ist. Die Annahme ist also offenbar von ihr persönlich abgelehnt worden.
Nur ein Missverständnis?
Da ein anderer Artikel über Heimkinder zu einer schnellen Reaktion des Präsidialbüros von Norbert Lammert geführt hat, gilt das jetzt vielleicht auch für das Bundesfamilienministerium. Dr. Sören Roos stellte Ende Januar 2008 fest, dass es sich bei Readers Edition wohl um ein „besonders stark frequentiertes Internetforum“ handeln müsse, denn gleich „von mehreren Seiten“ habe Norbert Lammert einen Hinweis auf den Artikel bekommen.
Wer weist nun Ursula von der Leyen auf diesen Beitrag hin? Denn bei „Annahme verweigert“ handelt es sich hoffentlich nur um ein Missverständnis…
Siehe auch
6. März 2008
Ausreißer trotz Eins-zu-Eins-Betreuung?
Brüggen (tj). In allen Gruppen der Jugendhilfe, nicht nur am Stammhaus im Wald bei Brüggen, sondern auch in Mönchengladbach und im Kreis Kleve, werden zurzeit rund 140 Kinder und Jugendliche betreut. 180 Menschen sind dafür verantwortlich. „Da sind Verwaltungskräfte mitgerechnet, tatsächlich ist es im Durchschnitt eine Eins-zu-Eins-Betreuung, die wir bieten“, erklärt Einrichtungsleiter Guido Royé.
So hat es am 11. Januar 2008 in der „Westdeutschen Zeitung“ gestanden - die Kinder sind also im Schloss Dilborn bestens aufgehoben? Nicht in dieses Bild passen die entsetzlichen Ereignisse, über die am 16. November 2006 die „Rheinische Post“ berichtet hat. Überschrift: „Gasexplosion: 15-Jähriger tot.“
Hat es, als dieser Junge starb, im Schloss Dilborn noch keine Eins-zu-Eins-Betreuung gegeben?
Nach Schulschluss sind drei Kinder seinerzeit nicht ins Heim zurück gekehrt. Mit einem vierten Altersgenossen besorgte sich das Quartett Soft-air-Waffen und vertrieb sich die Zeit auf dem Gelände einer alten Ziegelei mit Schießübungen. Das machte ihnen offenbar so viel Spaß, dass sie beschlossen: „Wir übernachten hier.“
Wo waren in diesen Stunden die Eins-zu-Eins-Betreuer aus dem Schloss Dilborn, hatten sie schon die Polizei alarmiert, wurden die drei Heimkinder bereits in Niederkrüchten gesucht, warum blieben die beiden Mädchen und die beiden Jungen auf einem Grundstück, das sich an der Bundesstraße 221 befindet, unentdeckt? Können Kinder in einem Ort, der keine 16 000 Einwohner hat, trotz intensiver Suche untertauchen?
Für die Übernachtung suchten sich die vier Ausreißer eine 15 Quadratmeter große Steinhütte aus, der Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr aus Brüggen berichtete: „Wir haben dort unter anderem sogar Reste von Matratzen gefunden.“
Bodenloser Leichtsinn der vier Kinder führte zur Katastrophe. In der Hütte gab es eine Gasflasche. Mit der spielten die Ausreißer so lange herum, bis ihnen die Flasche um die Ohren flog. Ein 15-Jähriger starb, eine Stichflamme schoss um 2 Uhr morgens auf ihn zu, die Hütte fing Feuer.
Auch heute noch sei es so, berichten Leute, die in der Nähe vom Schloss Dilborn wohnen: Kinder kehren nicht ins Heim zurück, sie lungern im Ort herum...
2. März 2008
Nach 32 Jahren Schweigen gebrochen
“Hallo, ich war mit elf meiner Geschwister von 1960 bis 1976 im Kinderheim Schloss Dilborn. Ich habe viel zu erzählen und endlich den Mut, darüber zu sprechen.” Email für Email hat sich Fred S. aus Essen an die Geschichte seiner Kindheit herangetastet, jetzt schrieb er seine Erlebnisse unter Tränen nieder.
Geleitet wurde das Heim seinerzeit von den Dernbacher Schwestern. Dabei handelt es sich um eine katholische Ordensgemeinschaft, die 1851 von Maria Katharina Kasper im Westerwald gegründet worden ist. Diese Gemeinschaft kümmert sich um Krankenpflege, Kinderfürsorge, Erziehung und Bildung.
Ehemalige Heimkinder angeklagt
Für diesen Orden ist 2006 die Staatsanwaltschaft Aachen in die Bresche gesprungen. Sie klagte ehemalige Heimkinder wegen Betruges an. Es stimme nicht, dass es in dem ebenfalls von den Dernbacher Schwestern geleiteten Eschweiler Kinderheim Sankt Josef in den Jahren 1956 bis 1971 zu „schweren oder systematischen Misshandlungen“ gekommen sei. Deshalb hätten sich diese Heimkinder auch nicht an das Versorgungsamt in Aachen wenden dürfen, um das Opferentschädigungsgesetz für sich in Anspruch zu nehmen.
Das Aachener Landgericht unterzog die Schilderungen der ehemaligen Heimkinder einer intensiven Prüfung und kam zwar zu dem Ergebnis, dass vieles nicht mehr bewiesen werden könne und von einer „systematischen Misshandlung“ wohl nicht gesprochen werden könne, aber es sei nicht alles unwahr. Deshalb scheiterte die Aachener Staatsanwaltschaft, die Drohung mit einem Betrugsprozess ist vom Tisch. Das feiern die ehemaligen Heimkinder als Erfolg und wollen weiter um ihr Recht kämpfen.
Dazu müssten die Dernbacher Schwestern ihre defensive Haltung aufgeben und endlich eingestehen, dass in ihren Heimen auch Schlimmes passiert ist. Damit wäre auch Fred S. aus Essen geholfen, der sich so lange in Schweigen gehüllt hat.
Der heute 50-Jährige kam als Dreijähriger ins Schloss Dilborn, seine Geschwister waren schon dort. Sein Leidensweg hat im Kindergarten begonnen. Fred S. schreibt: „Wenn wir dort etwas Verbotenes gemacht haben, wurden wir stundenlang in die Besenkammer gesperrt. Diese Kammer war nicht größer als 80 mal 80 Zentimeter und stockdunkel. Unter der Angst, die ich dort ausgestanden habe, leide ich heute noch.“ Doch im Strafenkatalog habe noch mehr gestanden: Untertauchen beim Baden, bis die Luft knapp wurde, Schläge mit einem Handfeger aus Holz oder mit einem Rohrstock auf die Fingerspitzen, auf den Knien Böden schrubben.
Nackten Hintern versohlt
Schlimm sei auch die Schulzeit gewesen. Dafür hätten sich die Nonnen einen Lehrer ausgesucht, an den er sich mit Grauen erinnere: „Wenn wir eine falsche Antwort gaben oder unsere Hausaufgaben nicht korrekt waren, mussten wir uns mit nacktem Hintern auf das Pult legen. Dann schlug er uns mit dem Rohrstock und das vor der ganzen Klasse.“ Nach dem Unterricht habe es weitere Schläge gegeben, dieses Mal von einigen Nonnen: „Manchmal wurde uns auch ein Schlüsselbund auf den Kopf gehauen.“
Tag für Tag mussten die Kinder hart arbeiten, berichtet Fred S., und zu Ostern sei er „durch die Hölle“ gegangen. Die habe so ausgesehen: Auf Knien den Kreuzweg im Schlosspark zurücklegen und mit blutenden Knien stundenlang in der Kirche beten.
Was er erzähle, sei die Wahrheit und noch immer habe er Angst, diese Wahrheit zu verbreiten, zu der ebenfalls gehöre: Ein angehender Priester war dabei, wenn die Jungen einmal in der Woche unter der Dusche standen, die Unterhose durften die Kinder nicht ausziehen, das erledigte jener Kirchenmann, wenn er jemandem den nackten Hintern versohlen wollte. Doch nachts wollte er noch mehr, dazu holte er sich Schutzbefohlene auf sein Zimmer. Das haben die Nonnen gewusst, fügt Fred S. hinzu und beendet seinen Bericht mit den Worten: „Das schreibt euch ein Mensch, der mit seinen Geschwistern gelitten hat und heute noch leidet. Unter Tränen habe ich diesen Brief geschrieben.“
3. März 2008
Böse Kinder kommen in böse Kliniken
“Papa, böse Kinder kommen in böse Kliniken”, soll die kleine Jessica gesagt haben, als sie sechs Jahre alt war, das Mädchen lebt noch heute in einem Kinderheim, vor dem Amtsgericht in Mönchengladbach-Rheydt gibt es deswegen am 30. Januar 2008 um 9.30 Uhr einen Anhörungstermin. Es ist nicht der Erste.
Vor diesem Termin haben die Eltern von Jessica eine Petition an das Europäische Parlament geschickt, die in diesem Schriftsatz von Sabine und Frank Müller erhobenen Vorwürfe sind ungeheuerlich. Die von den Eltern erzählte Leidensgeschichte ihrer Tochter beginnt im Frühjahr 2003.
31 Seiten umfasst die Petition von Sabine und Frank Müller, lesen werden die Ausschussmitglieder, dass Jessica nach einem bestandenen Schultest bei einem Kinderpsychologen gewesen ist, der eine Gruppentherapie empfahl, weil Jessica nach seiner Meinung zu lebhaft war.
Pfleger weckt Jessica nachts auf
Lesen werden die Ausschussmitglieder auch: Die Eltern stimmten zu, sie waren auch einverstanden, als die Behandlung von drei Wochen auf drei Monate ausgedehnt werden sollte. An der Richtigkeit dieser Entscheidung zweifelten Sabine und Frank Müller allerdings schon nach 14 Tagen.
Das erste Wiedersehen mit ihrer Tochter sei so verlaufen: Jessica machte einen apathischen Eindruck, gefrühstückt hatte die Sechsjährige auch noch nicht. Deswegen ging Frank Müller mit seiner Tochter in die Stationsküche, besorgte ihr Cornflakes und Milch. Als ein Pfleger in die Küche kam, zuckte Jessica zusammen.
Ihr Schweigen brach die Kleine erst im Elternhaus. Sie sei nachts von einem Pfleger aus dem Bett geholt und mit in sein Büro genommen worden. Dort habe er Schlimmes vorgehabt und gedroht: “Wenn du deinen Eltern was erzählst, dann kommst du ins nasse kalte Grab. Dann haben deine Eltern keine Jessica mehr.”
Am nächsten Morgen erstatteten Sabine und Frank Müller bei der Polizei Strafanzeige gegen den Pfleger, ihre Tochter hatten sie bereits in ein Krankenhaus gebracht, weil sie morgens um halb drei schreiend aufgewacht war: “Geh weg, ich will das nicht. Ich will das nicht.”
Dies ist die erste Folge einer Artikelserie auf www.readers-edition.de, die auch als Broschüre erschienen ist. Die aktualisierte Auflage vom 9. Juli 2008.