Donnerstag, 26. Dezember 2019

Jugendämter 2019 (III)

Große Unsicherheit

Deshalb verwundert es nicht, dass die Quoten für die sogenannten Inobhutnahmen je nach Region erheblich differieren – in Hamburg und Brandenburg sind sie doppelt so hoch wie beispielweise in Berlin und Baden-Württemberg. Hinzu kommt: Die Jugendämter nehmen von Jahr zu Jahr mehr Kinder aus den Familien, wenn man die Sonderfälle von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus der Statistik herausrechnet. Gab es 2010 noch 33 500 Inobhutnahmen, so stieg die Zahl auf rund 44 000 im vergangenen Jahr. Rechtsexperte Reinhard Wiesner konstatiert "angesichts der Komplexität der zu bewertenden Aspekte eine große Unsicherheit bei Fachkräften in  Jugendämtern und auch bei Richtern". Sie führe dazu, "dass viele sagen: Ich sichere mich lieber ab. Denn wenn ein Kind verletzt wird oder sogar zu Tode kommt, kann ich das nicht mehr revidieren", sagt der frühere Referatsleiter im Bundesfamilienministerium dieser Zeitung.

Märkische Online-Zeitung, 5. Oktober 2019

Pflegeeltern sträuben sich die Haare

"Da wird so getan, als ob alles ganz einfach ist", sagt eine Pflegemutter aus dem Norden Berlins. "Das ist haarsträubend." Eine andere: "Die Pflegefamilien werden seit Jahren von den Jugendämtern zunehmend allein gelassen, weil auch die dortigen Mitarbeiter am Limit sind." Und ein Pflegevater sagt: "Das Problem ist: Sobald das Kind bei einem lebt, steht man relativ allein auf weiter Flur." Die Koordination zwischen Jugendamt und Pflegekinderdienst funktioniere nicht, Hausbesuche gebe es faktisch keine, da es nicht ausreichend Personal dafür gibt. "Dass sich da nur schwer Pflegefamilien finden, ist verständlich."

rbb, 11. Oktober 2019

Auslandsprojekte umstritten

Auslandsprojekte für besonders aggressive oder straffällige Jugendliche geraten immer wieder in die Kritik. Zuletzt machte "Maramures", ein Jugendprojekt des niedersächsischen Trägers Wildfang GmbH in Rumänien, Schlagzeilen: Der deutsche Leiter des Heims und mehrere Mitarbeiter wurden festgenommen. Die Vorwürfe: Sklaverei, Gewalt und Menschenhandel. Die rumänische Staatsanwaltschaft holte mehrere Jugendliche aus dem Projekt und nahm sie in ihre Obhut. Zwei Jugendliche sind offenbar noch immer dort. Einer kommt aus dem Landkreis Aurich. Wie das Sozialministerium jetzt mitteilte, soll er bald zurück nach Deutschland kommen. Die 54 Jugendämter in Niedersachsen sind beim Thema Auslandsprojekte gespalten: 30 Jugendämter bewerten die Projekte für einzelne schwierige Kinder und Jugendliche als sinnvoll. Jedes dritte Jugendamt lehnt es dagegen ab, Jugendliche im Rahmen der Intensivpädagogik ins Ausland zu schicken.

NDR, 13. Oktober 2019


Interview mit Leiterin des Jugendamtes Geldern

Wann ist ein Kind besser in einer Pflegefamilie aufgehoben als bei seinen Eltern?

Walburga Bons Wenn wir unter Drogen- oder Alkoholeinfluss stehende Elternteile vorfinden, der Kühlschrank leer ist und das Kind im Müll krabbelt und akut keine Versorgung mehr stattfindet, können wir das Kind dort nicht so lassen. Dann kann es sein, dass wir das Kind in eine Bereitschaftspflege nehmen. Wir schauen, ob die Eltern bereit sind mitzuarbeiten und ob es die Möglichkeit gibt, das Kind zurückzuführen. Wenn die Mitarbeit der Eltern nicht so ist, wie wir es uns wünschen, gibt es ein Gerichtsverfahren und ein Gutachten, das eine Aussage zur Erziehungsfähigkeit trifft.

Rheinische Post, 21. Oktober 2019


Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Jugendamt
Der Leiter des Wilhelmshavener Jugendamtes, Carsten Feist, hat es weit gebracht: Nächsten Montag hat er seinen ersten Arbeitstag als Oberbürgermeister. Doch schon der Beginn seiner Amtszeit könnte unruhig werden.
„Die unterstellen einem Dinge, das ist der Hammer.“ Sagt eine Mutter aus Wilhelmshaven. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat am 15. Oktober ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Jugendamtsmitarbeiter eingeleitet. Tatvorwurf: „Entziehung Minderjähriger nach § 235 Abs. 1 Strafgesetzbuch“, Az. NZS 165 Js 65115/19.

Hier weiterlesen 27. Oktober 2019

Liebes Jugendamt,

ihr bekommt in diesen Tagen eine Rechnung von einer Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, weil ihr in dieser Praxis ein Kind, das sich in eurer Obhut befindet, als Notfall angemeldet habt, aber mit dem Kind am 5. November nicht erschienen seid. Ihr habt den Termin auch nicht abgesagt. 

Sollte diese Rechnung im Jugendamt abhanden kommen, wie sonst nur die Wahrheit: Ich weiß, welche Praxis euch die Rechnung geschickt hat.


Das Jugendamt, 7. November 2019

Kindesentzug wegen Mutterliebe

Weil sich viele Betroffene an ihn wandten, hat der Hamburger Jugendhilfeexperte Wolfgang Hammer eine kleine Studie über Kindesentziehungen durch den Staat erstellt. Eine Auswertung von 42 Fallverläufen aus sechs Bundesländern von 2014 bis 2019 weist nach, dass Alleinerziehenden die schulpflichtigen Kinder weggenommen wurden, ohne dass es Hinweise auf Gewalt oder Vernachlässigung in den Familien gab. Der Grund war ein Verdacht auf zu enge Mutter-Kind-Bindungen.

taz, 8. November 2019

Weitere Aufgaben
Ärger mit Jugendhilfe-Trägern, keine rechtsgültige neue Kitasatzung, zuletzt Probleme mit dem Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende: Immer wieder war in den vergangenen Monaten von Schwierigkeiten im Jugendamt die Rede, vor allem wegen Personalnot. Doch nun soll die derart überlastet wirkende Behörde gerade im sensiblen Bereich Kinderschutz noch zusätzliche Aufgaben übernehmen.

Es geht um eine 24-Stunden-Bereitschaftsdienst, den die Mitarbeiter im Bereich Kinderschutz abdecken sollen. „Im kommenden Jahr beabsichtigt der Fachbereich auch außerhalb der Dienstzeiten eine Rufbereitschaft einzuführen“, bestätigte Rathaussprecherin Christine Homann auf PNN-Anfrage. Diesen gesetzlich geregelten Schutzauftrag hätte in Potsdam bisher ein freier Sozialträger der Jugendhilfe oder die Polizei ausgeübt, so die Stadtsprecherin. Nun soll das Jugendamt diese Aufgabe schultern.
Potsdamer Neueste Nachrichten, 18. November 2019


Auto einer Jugendamtsmitarbeiterin manipuliert
Ein Mann soll nach einem Sorgerechtsstreit um sein Kind versucht haben, eine Mitarbeiterin des Jugendamtes umzubringen. Jetzt steht er deshalb in Heidelberg vor Gericht. 
Der Plan des Mannes laut Anklage: Er will, dass die Mitarbeiterin vom Kreisjugendamt Rhein-Neckar mit ihrem Auto verunglückt. Deshalb soll der Angeklagte alle vier Bremsscheiben am Wagen der Frau mit Fett eingeschmiert haben. Der Mann habe den Tod der Frau zumindest billigend in Kauf genommen, so die Staatsanwaltschaft.

Passiert ist glücklicherweise nichts. In einer Werkstatt fällt die Manipulation auf. Vor der Tat soll das Jugendamt dem Angeklagten und seiner Frau das Sorgerecht für ihr Baby entzogen haben.
Hitradio FFH, 27. November 2019

Dreijähriger trotz Hinweis tot
Nach dem Tod eines dreijährigen Buben in Schwaben hat das Landratsamt Dillingen eine interne Panne eingeräumt. Bei der Kreisbehörde war drei Monate vor dem Tod des Kindes ein Hinweis einer Nachbarin über eine mögliche Gefährdung des Jungen eingegangen, der aber behördenintern nicht an das Jugendamt weitergeleitet worden war. Zunächst hatte der Bayerische Rundfunk darüber berichtet.

Der Dreijährige war im Oktober aus bislang unbekannten Gründen gestorben. Die Augsburger Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Tötungsdelikt vorliegt.
Nordbayern, 4. Dezember 2019

Sechsstellige Summe unterschlagen

Ein Mitarbeiter des Jugendamtes in Dorsten soll über Jahre Geld unterschlagen haben. Die offenbar sechsstellige Schadenssumme wirft die Frage auf: Was hat der Mann alles gekauft?

Dorstener Zeitung,13. Dezember 2019

Mutter verliert gegen das Jugendamt
Das Jugendamt hatte schon im vergangenen Jahr keinen Hilfebedarf mehr gesehen und die Unterstützung der Kinder durch einen Erziehungsbeistand beendet. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war, dass weder der Vater noch die Söhne einen Bedarf an Hilfe sehen. Im Jugendhilferecht sei nicht vorgesehen, Hilfe gegen den Willen eines Betroffenen zu gewähren, stellte sich der Richter hinter diese Entscheidung.
Um überhaupt über eine Klage einen Anspruch auf Jugendhilfe geltend zu machen, sei zunächst eine Einigung in der Familie nötig. Das Gericht sei nicht dazu da, "innerfamiliäre Probleme" zu lösen oder "Uneinigkeiten zwischen den erziehungsberechtigten Eltern zu bereinigen."

Main Post, 15. Dezember 2019 

"Wie Dreck behandelt"
„Uns wurden am 28. November 2018 willkürlicher Weise durch das Jugendamt Lübbecke unsere Kinder weggenommen. Nach anfänglichem Verdacht der Kindeswohlgefährdung, unsere Unschuld ist jedoch schon seit Monaten bewiesen, behandelt uns das Jugendamt regelrecht wie Dreck..."
Mindener Tageblatt, 23. Dezember 2019
  

Montag, 23. Dezember 2019

Heimnachrichten 2019


Kinder- und Jugendförderwerk ist pleite
Vom Chemnitzer Amtsgericht ist ein Insolvenzverfahren gegen das Kinder- und Jugendförderwerk Meerane eröffnet worden. In der Woche vor Weihnachten wurde ein Anwalt aus Chemnitz als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Aus dessen Kanzlei hieß es, das Verfahren befinde sich noch ganz am Anfang. Konkrete Auskünfte zu Schulden und zur Anzahl der Gläubiger konnten noch nicht erteilt werden.
Das Kinder- und Jugendförderwerk, ein gemeinnütziger Verein, war Träger des Meeraner Kinderheims. Dem Jugendamt des Landkreises Zwickau war die bevorstehende Insolvenz des Vereins bekannt. "Aus diesem Grund sind die Mädchen und Jungen des Meeraner Kinderheims anderweitig untergebracht worden", hieß es seitens des Landkreises. Wohin die Kinder aus dem Meeraner Heim verteilt wurden, teilte das Amt nicht mit.
Freie Presse, 4. Januar 2019

72 Millionen für Heimkinder aus Berlin
Die Senatsverwaltung für Jugend hat am Mittwoch eine Bilanz zu den am 31. Dezember geschlossenen Entschädigungsfonds für frühere Heimkinder vorgelegt. Insgesamt 72 Millionen Euro sind demnach  an mehr als 5700 ehemalige Berliner Heimkinder geflossen, die fragwürdige Erziehungsmethoden, Zwang und Gewalt erlitten haben und  in der DDR auch  in gefängnisähnlichen Einrichtungen eingesperrt waren. Im Schnitt wurden pro Person 9800 Euro für materielle Hilfen und 7000 Euro für Rentenersatzleistungen bezahlt. Die Antragsfristen für Fondsleistungen endeten 2014.
Tagesspiegel, 9. Januar 2019

Kinder aus Husum klagen an

Der frühere Leiter einer Einrichtung in Husum soll schwerste Misshandlungen verübt haben – über seinen Anwalt lässt er alle Vorwürfe bestreiten.

Husumer Nachrichten, 13. Februar 2019

Kindesmissbrauch: Prozess in Kitzingen

Der heute 28-Jährige war von Herbst 2003 bis Mitte 2012 in dem Kinderheim. Dass er es erst mit 22 Jahren verließ, deutet die Problematik zumindest an. Im Sommer 2010 wurde ein Kind sein Zimmernachbar, mit dem es bald schon zu sexuellen Handlungen kam. Es begann mit dem gegenseitigen Zeigen des Penis. Als das Kind zehn Jahre alt war, fand erstmals Oralverkehr statt. Das wiederholte sich bis zum Auszug des 22-Jährigen noch dreimal.

Main-Post, 3. März 2019

Das Unglück am Schwanenstein

Heute erinnert eine Tafel am Uferweg Lohme nahe des Schwanensteins an das Unglück im Jahre 1956. Auf dem Friedhof in Nipmerow gibt es auf Initiative des Kinderheims Lohme seit 1995 einen Grabstein für die drei Jungen im Eis. Uwe Wassilowsky wurde 14, Manfred Prewitz 13 und Helmut Petersen gerade einmal 10 Jahre alt.

NDR, 17. März 2019

Autoritäres Weltbild

Roland Stäb sitzt an einem Tisch mit grüner Decke in seinem Haus in Neckargröningen. Seit einem Jahr hat der 65-Jährige die Leitung des Jugendamtes im Kreis abgegeben. Die Berichte ehemaliger Heimkinder über Misshandlungen, Gewalt und Lieblosigkeit in dem 1992 geschlossenen Hohenecker Heim St. Josef hat er mit Erschrecken gelesen. Das autoritäre Weltbild, das Regelkorsett und die Züchtigung als Mittel der Erziehung widerspricht so ziemlich allem, was Stäb in seinem Studium gelernt hat.


Stuttgarter Zeitung, 7. April 2019

Jahrzehntelang seelische Grausamkeit

Ehemalige Heimkinder eines früheren Kinderheims in Ludwigsburg-Hoheneck haben bestätigt, dass sie jahrzehntelang ständiger Gewalt und seelischer Grausamkeit ausgesetzt worden sind.

SWR, 15. Mai 2019

Skulptur auf Müll gelandet
Es ist eine wundersame Geschichte, traurig, aber doch mit einem glücklichen Ende...
Ohne, dass es die meisten Kölner mitbekommen konnten: Seit 1968 existierte in Köln eine Skulptur der berühmten Bremer Stadtmusikanten. Das zirka 1,5 Meter hohe Bronzewerk des Bildhauers Fritz Bernuth (1904-1979) wurde damals im Innengelände des Kinderheims in Sülz aufgestellt. Als Symbol für soziales Verhalten gemäß dem Spruch „Einigkeit macht stark“.

Kölner Express, 21. Mai 2019

Hunde besuchen Heimkinder
Seit drei Jahren besucht das Team mit seinen Hunden einmal wöchentlich das Kinderheim in Aschaffenburg und macht damit den Kleinen eine ganz große Freude. Sie wollen den Kindern den artgerechten Umgang mit Hunden vermitteln und ihnen einfach eine schöne Zeit mit den Tieren schenken. Jeden Donnerstag haben die Kinder etwa zwei Stunden Zeit, mit den Vierbeinern zu spielen, zu kuscheln und ihnen Tricks beizubringen.
Primavera, 1. Juni 2019

Kinderheim der Zukunft

Moderne Kinderheime sind heutzutage Wohngruppen, die pädagogisch betreut werden. Im Marianum gehen die Verantwortlichen einen Schritt weiter. „Es wird nun eine derartige Gruppe mit fünf Jungen ab 16 Jahren zukunftsweisend umgestellt“, erklärt Geschäftsführer Harald Dahlke. „Sie erfahren in eigenen Appartements die letzten Schritte in die Selbstständigkeit, erhalten auch keine Über-Nacht-Betreuung mehr. Sie leben wie in der eigenen Wohnung.“ Dies trage zur sogenannten Verselbstständigung bei. Bei Mädchen gebe es dies schon länger, sagt Dahlke.

Westdeutsche Zeitung, 15. Juli 2019

Tolles Projekt für Heimkinder

Gardelegen/Zichtau l 60.000 Kinder leben deutschlandweit in Kinderheimen. Eine Zahl, die Heike Krieg betroffen macht. Sie selbst hat einen erwachsenen Sohn und lebt in einer Patchworkfamilie. Sie hat früher in einer Kita gearbeitet. „Kinder und soziale Projekte, da springe ich sofort auf“, erzählt die 51-Jährige im Volksstimme-Gespräch. Und sie springt offenbar nicht nur auf, sondern packt dann auch tatkräftig zu. Denn sie hat in privater Regie ein ganz besonderes Projekt auf die Beine gestellt, das in diesem Jahr zum nunmehr sechsten Mal stattfinden wird und das im Laufe der Jahre immer mehr gewachsen ist. Unter dem Motto „Lieber gemeinsam als einsam“ bewirtet und beschenkt sie am Heiligen Abend Kinder aus Kinderheimen. Richtig mit Weihnachtsmann und Weihnachtselfe – „wie zu Hause eben“, sagt Heike Krieg mit einem strahlenden Lächeln. Die Geschenke werden gesponsert. Sie hat bereits einen Helferstamm, der sie unterstützt. Aber weitere Helfer sind natürlich immer willkommen.

Volksstimme, 21. Juli 2019

Kinderheim wird erpresst

Großenhain. Gegenwärtig sind wieder verstärkt Erpresser-E-Mails im Umlauf. Eine davon hat jetzt das Kinderheim Walda erreicht. Darin wurde es aufgefordert, 2000 Euro in der Online-Währung Bitcoins zu bezahlen. Die Betrüger drohen damit, pornografische Fotos zu veröffentlichen. Bei einer Einrichtung wie dem Kinderheim schwebt sofort der Verdacht der Kinderpornografie mit. Deshalb stellt der Dresdner Polizeisprecher Marko Laske von vornherein klar: „Das Kinderheim Walda ist ohne Fehl und Tadel. Diese Erpressung ist an den Haaren herbeigezogen.“

Sächsische Zeitung, 12. August 2019 


Misshandlungen im Namen von Wildfang?

Ein deutsches Sozialprogramm steht unter Verdacht, über Jahre Kinder und Jugendliche misshandelt zu haben. Rumänische Behörden ermitteln derzeit gegen acht Verdächtige des Projekts „Maramures“ in der gleichnamigen Region in Rumänien. Das Projekt, das an die niedersächsische Kinder- und Jugendhilfe „Wildfang“ angeschlossen ist, soll sozial auffällige Kinder und Jugendliche „rehabilitieren“. Vor allem junge Menschen landen dort, für die die meisten Möglichkeiten innerhalb Deutschlands bereits ausgeschöpft sind.

Einer von ihnen ist Tim K. (Name geändert). Der heute 21-Jährige verbrachte ab 2013 fast zwei Jahre in dem Projekt in Rumänien. Als er am Mittwochmorgen von den Anschuldigungen las, war er erleichtert. „Mir fiel ein Stein vom Herzen“, sagt er. „Nie wollte mir jemand glauben, wenn ich erzählte, was ich dort erlebt habe.“

Focus, 30. August 2019

Alles nur frei erfunden?

Deutsche Jugendliche sollen in einem rumänischen Kinderheim misshandelt worden sein. Doch mehr und mehr geraten die Vorwürfe ins Wanken. War am Ende alles erfunden? HAZ-Reporterin Jutta Rinas durfte als eine von ganz wenigen Journalisten hinein – und traf auf eine Welt, in der in Frage steht: Wer ist eigentlich Täter und wer ist Opfer?

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 25. September 2019

Isolation und Schikane
Die Heimaufsicht des Brandenburger Jugendministeriums hat die Kinder- und Jugendeinrichtung „Neustart“ in Jänschwalde (Spree-Neiße) am Mittwoch, 25. September, besucht. Unangekündigt, wie es in einer Mitteilung aus Potsdam ausdrücklich heißt.

Ehemalige Bewohner berichten von Isolation und Schikane.

Lausitzer Rundschau, 25. September 2019

Behinderte eingesperrt?
Polizei-Großeinsatz in der Behinderteneinrichtung „Wittekindshof“. 70 Beamte in Zivil reisten im Bus an, durchsuchten Zimmer in der Diakonischen Stiftung. Schlimmer Verdacht: Freiheitsberaubung von Schutzbefohlenen in der „Heilpädagogischen Intensivbetreuung“!

Staatsanwalt Christopher York (39) zu BILD: „Wir gehen einem Anfangsverdacht in mehreren Fällen nach. Die Durchsuchung sollte aktuelle Zustände dokumentieren.“ Ermittler beschlagnahmten Heim-Akten.
Bild, 4. Oktober 2019

Viele Sichtweisen
Es gehört zu den Besonderheiten des Maramures-Falls, dass es extrem verschiedene Sichtweisen gibt. Viele der Kinder, die nicht mit ihrem echten Namen zitiert werden sollen, wollen bleiben. Da ist Andi (14), der auf der Straße gelebt hatte. Drogen habe er genommen, „allgemein alles, Crystal Meth“. Er macht ein Praktikum in der Reifenwerkstatt in Viseu de Sus. „Ich mag diese Arbeit, was mit Autos halt“, sagt er. Was ist in Rumänien besser als in Deutschland? In Deutschland sei er in die Gummizelle gepackt worden, wenn er Probleme gehabt habe. „Hier kann ich reden.“
Frankfurter Rundschau, 6. Oktober 2019
Auslandsprojekte umstritten

Auslandsprojekte für besonders aggressive oder straffällige Jugendliche geraten immer wieder in die Kritik. Zuletzt machte "Maramures", ein Jugendprojekt des niedersächsischen Trägers Wildfang GmbH in Rumänien, Schlagzeilen: Der deutsche Leiter des Heims und mehrere Mitarbeiter wurden festgenommen. Die Vorwürfe: Sklaverei, Gewalt und Menschenhandel. Die rumänische Staatsanwaltschaft holte mehrere Jugendliche aus dem Projekt und nahm sie in ihre Obhut. Zwei Jugendliche sind offenbar noch immer dort. Einer kommt aus dem Landkreis Aurich. Wie das Sozialministerium jetzt mitteilte, soll er bald zurück nach Deutschland kommen. Die 54 Jugendämter in Niedersachsen sind beim Thema Auslandsprojekte gespalten: 30 Jugendämter bewerten die Projekte für einzelne schwierige Kinder und Jugendliche als sinnvoll. Jedes dritte Jugendamt lehnt es dagegen ab, Jugendliche im Rahmen der Intensivpädagogik ins Ausland zu schicken.

NDR, 13. Oktober 2019

Mahnung für die Zukunft

Mehr als 500 Seiten umfasst die Studie „Verantwortung und Aufarbeitung“ – für jedermann einsehbar auf www.caritas-linz.at. Sie beleuchtet die Vergangenheit von Caritas-Heimen in OÖ, das Kapitel Gleink zählt 190 Seiten. 2016 gab die Caritas OÖ einem unabhängigen Forscherteam den Auftrag, die Geschichte und Hintergründe der Gewalt in ihren Heimen aufzuarbeiten. „Wir wollen uns damit unserer Verantwortung stellen. Die Studie soll uns Mahnung für die Zukunft sein“, so Direktor Franz Kehrer.

total.regional, 5. November 2019

Keine Gewalt in Kinderheim

Dann reden wir lange. Sehr offen und freundlich und vor allem sehr genau erinnert sich die 79jährige an ihre Zeit als Erzieherin. Was heutzutage über die Kinderheime erzählt wird, versteht sie nicht. Aus eigenem Erleben weiß sie: Es stimmt nicht. »Schlagen und Quälen – also unsere Kinder nicht«, sagt sie. »Das werden sie von unseren Kindern nicht hören.« Ich frage nach. »Bei uns nicht. Dafür lege ich die Hand ins Feuer.« Auch in ihrem gesamten beruflichen Umkreis »hat es nicht stattgefunden«.

Junge Welt, 9. November 2019

Kinder schlafen in einer Zelle

Es gab jedoch auch Kinderheime in alten Kasernen, und in Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland) befand sich in den Jahren 1968 bis 1987 ein Durchgangsheim in einem alten Gefängnis, das für seine neue Bestimmung nicht umgebaut wurde. Die Kinder und Jugendlichen schliefen jeweils zu viert in einer Zelle, die sich von innen nicht öffnen ließ. Um nachts die Notdurft verrichten zu können, stand ein Kübel im Raum. Die kleinen Fenster blieben vergittert. Durch eine Mauer war das Areal abgeschottet. Eigentlich sollten die Kinder maximal 18 Tage hier bleiben, bis ein Heimplatz für sie gefunden war. Doch die Plätze waren knapp.

Neues Deutschland, 15. November 2019

Das Leid der "Verschickungskinder"

Westerland - Ärzte verschrieben die Kuren bis in die 80er Jahre hinein. Kranken- und Rentenkassen finanzierten die sechs- bis achtwöchigen Kuraufenthalte der „Verschickungskinder“, wie sie auch in den Akten genannt wurden. Während dieser Zeit waren die Zwei- bis 14-Jährigen der Willkür von Kurärzten, Pflegerinnen und Schwestern ausgeliefert. Das belegen die Berichte, die Betroffene seit zwei Monaten im Internet auf Initiative der Sonderpädagogikdozentin und Publizistin Anja Röhl auf der Internetseite www.verschickungsheime.de öffentlich machen. Elternbesuche waren in den Heimen nicht erlaubt. Eine Kontrolle fand offenbar nicht statt. Die Betroffenen berichten von Demütigungen und Erniedrigungen.

Stuttgarter Zeitung, 24. November 2019

"Jugendamt keine Hilfe"

Fast jedes zweite Wochenende kommt Jenny aus dem Kinderheim in der Großstadt nach Hause in ihre Pflegefamilie in einem Marktflecken in Bayern. Schweren Herzens haben sich Pflegemutter Marina Wolf (alle Namen von Kindern und Pflegeeltern geändert) und ihr Mann von der Pflegetochter getrennt. Mehrere Probleme in der Familie waren ihnen über den Kopf gewachsen, räumt die Mutter ein. "Wenn ich gewusst hätte, was alles auf uns zukommt", seufzt sie am Telefon. Und sie fügt hinzu, das Jugendamt sei ihr keine Hilfe gewesen.

Sonntagsblatt, 2. Dezember 2019

Vorwürfe gegen Heim in Kriele (Havelland)

Sieben Plätzen für Mädchen und Jungen im Alter von vier bis zwölf Jahren gibt es in dem 2015 eröffneten Heim. Nun haben Betroffene anonym in einem ZDF-Bericht schwere Vorwürfe gegen die Einrichtung erhoben: Die teils nach Missbrauch und Vernachlässigung schwersttraumatisierten Kinder seien durch das in der Nähe befindliche Gesundheitshaus "Metatron" mit fragwürdigen schamanischen Methoden behandelt worden – und nicht nur das. Wenn Kinder wie Benni, die wie im Film gezeigt große Problem mit körperlicher Nähe haben, ausrasteten, hätten sich Erzieher mit ihrem ganzen Gewicht auf diese gelegt, um sie zu "beruhigen". 

Potsdamer Neueste Nachrichten, 12. Dezember 2019

Donnerstag, 26. September 2019

Jugendämter 2019 (II)

Keine Fragen zu den Taten
Im Prozess um den hundertfachen sexuellen Missbrauch von Kindern auf einem Campingplatz bei Lügde sollen heute (12.00 Uhr) Kinder als Zeugen aussagen.
Nachdem am Donnerstag zum Auftakt vor dem Landgericht in Detmold alle Angeklagten Geständnisse abgelegt hatten, sollen die Opfer nach Aussage ihrer Anwälte aber nicht zu den Taten befragt werden. Es gehe mehr darum, dass das Gericht sich ein Bild machen wolle, wie es ihnen heute gehe.
Merkur, 28. Juni 2019

Mutter im Hungerstreik
Sie will ihre Tochter wiedersehen. Parisa Jaghubian ist am Montagnachmittag vor dem Amtsgericht in Jever in den Hungerstreik getreten. Laut Medienberichten wolle sie so auf ihre familiäre Situation aufmerksam machen.
Denn die minderjährige Tochter der gebürtigen Iranerin Parisa Jaghubian befindet sich in der Obhut des Jugendamtes.
Wilhelmshavener Zeitung, 11. Juli 2019

Schutz vor sexualisierter Gewalt

NRW-Familienminister Stamp nimmt nach den Behördenfehlern im Fall des massenhaften Kindesmissbrauchs von Lügde die Kommunen in die Pflicht. Wie er im WB sagt, müsste es in den Jugendämtern speziell geschulte Mitarbeiter für Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder geben. Manche Kommunen stünden da noch auf der Bremse, so der Minister. Stamp will, dass diese Experten künftig bei jeder Pflegeentscheidung hinzugezogen werden sollen. Der Schutz vor sexualisierter Gewalt müsse zusätzlich zum allgemeinen Schutz des Kindeswohls geprüft werden.

Radio Bielefeld, 22. Juli 2019

Das Erinnerungsvermögen
Die Stadt Wilhelmshaven überprüft wegen meiner Dienstaufsichtsbeschwerde die Vorgänge rund um die Durchsuchung meiner Wohnung im Auftrag des Wilhelmshavener Jugendamtes aufgrund der Unterlagen des Jugendamtes und kann im Juli 2013 nicht mehr feststellen, was warum geschehen ist?
Da ich über den Fall im Internet berichte, stellen die beiden Polizeibeamten, die sich bei der Wohnungsdurchsuchung falsche Namen gegeben haben, gegen mich Strafantrag und scheitern damit in zweiter Instanz. Doch einer der beiden Polizisten verklagt mich auch privat.
Hier weiterlesen 27. Juli 2019

Jugendämter zocken Heim- und Pflegekinder ab

Jugendliche, die im Heim oder in einer Pflegefamilie leben, müssen bis zu drei Viertel ihres Einkommens an das Jugendamt abgeben. Viele Betroffene finden das unfair, kommen finanziell kaum auf die Beine. Und Kritiker sagen: Es entmutigt die jungen Berufstätigen, arbeiten zu gehen.

Deutschlandfunk, 4. August 2019

Erstmals Anstieg

Mehr Verdachtsfälle von Kindesmisshandlung haben die Jugendämter im vergangenen Jahr beschäftigt. Die Zahl der sogenannten Inobhutnahmen aus diesem Grund stieg um ein Viertel auf mehr als 6150, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Erstmals seit Einführung der Statistik im Jahr 1995 seien Anzeichen für körperliche oder psychische Misshandlung mit 8,3 Prozent die dritthäufigste Ursache für das Einschreiten der Behörden gewesen.

Deutsche Presseagentur, 16. August 2019

Jugendämter sparen Geld

Das Netzwerk fordert in dem offenen Brief, dass die Einsparungen der wirtschaftlichen Jugendhilfe möglichst vollständig für Inklusion Verwendung finden. „Wenn Eltern vom Freistaat einen Zuschuss für den Beitrag zur Kita erhalten, muss das örtliche Jugendamt weniger Zuschüsse an jene leisten, die unter einem bestimmten Einkommen liegen. Die Landesmittel führen damit zu Einsparungen auf Ebene der Kommunen“ beschreibt Gewerkschaftssekretär Mario Schwandt den Hintergrund. Mit diesen Mitteln solle nach Ansicht der Verfasser des Briefes dringend die Inklusion in der frühkindlichen Bildung verbessert werden, die allen Kindern zugutekommen würde.

Bildungsklick, 30. August 2019 

Kind stirbt, bevor das Jugendamt hilft

Nach dem Tod eines Kleinkindes Ende Juli steht das Jugendamt der Politik am Dienstagnachmittag (3. 9.2019) Rede und Antwort. Der Jugendhilfeausschuss informiert sich über die Rolle des Jugendamtes in diesem Fall und über Qualitätsstandards in Essen. Der zweijährige Junge war nach einem Hitzeschock in seinem Zimmer gestorben, wo er stundenlang alleine eingeschlossen gewesen sein soll.

Die Familie war dem Jugendamt bekannt. Eine geplante Betreuung von Eltern und Kindern durch den sozialen Dienst kam zu spät - der Junge starb wenige Tage vor dieser Maßnahme. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt wegen Mordes gegen den Vater des kleinen Jungen.

WDR, 3. September 2019

Jugendämter vermitteln Kinder an Pädophile

Berge von Akten wurden gewälzt: Akten aus der Wohnung des verstorbenen Peinigers, Akten aus dem Jugendamt von Tempelhof-Schöneberg. Das Ende der Suchaktion ist ernüchternd: Die Ermittlungen wurden eingestellt. Die Rede ist von dem Versuch der juristischen Aufarbeitung eines Kindesmissbrauchs unter staatlicher Obhut: 30 Jahre lang bis mindestens 2003 gaben Jugendämter Kinder und Jugendliche zu pädophilen Pflegevätern.

Tagesspiegel, 4. September 2019

Erschreckende Einstellung

Der ehemalige Abteilungsleiter der Kinder- und Jugendhilfe der Hamburger Sozialbehörde, Wolfgang Hammer, nimmt an, dass durch die schlimmen Misshandlungsfälle der vergangenen Jahre die Jugendamtsmitarbeiter stark verunsichert sind: "Ich habe Aussagen von Leitungsebenen, die wären vor zehn Jahren unmöglich gewesen: Lieber zehn Kinder mehr in Obhut nehmen als notwendig ist, oder ins Heim geben, als eins zu wenig." Die Heimunterbringung aber könne schlimme Folgen für die Kinder haben und dürfe nur das allerletzte Mittel sein.

ZDF, 11. September 2019 


Nicht einfach festzustellen
Im Landkreis Göttingen sind die KWG (Kindeswohlgefährdungen) im Vergleich zum Vorjahr hingegen gefallen, teilt Landkreis-Sprecher Ulrich Lottmann mit. 2018 seien 213 neue Fälle erfasst worden, drei Prozent weniger als 2017 (220 Fälle). 2018 stufte das Jugendamt 34 Fälle davon als akut ein, 2017 waren es insgesamt 44 (ein Rückgang um 23 Prozent).

„In den wenigsten Fällen ist eine Kindeswohlgefährdung einfach und eindeutig festzustellen“, sagt Lottmann. Für eine Einschätzung müssten verschiedene Faktoren und deren Zusammenwirken betrachtet werden. Die Mitarbeiter vom Allgemeinen Sozialen Dienst seien geschult, um komplexe Situationen einschätzen zu können.
Hessisch-Niedersächsische Allgemeine, 25. September 2019

Jugendämter 2019 (III)